Archiv für den Monat: November 2008

Homo amans als Weiterentwicklung des homo sapiens

http://www.upf-germany.org/upfnews/duesseldorf080614.htm

Francesco Conidi, Dozent an der Universität Köln, referierte in seinem Beitrag über die Entwicklungsgeschichte des Menschen mit all ihren Höhen und Tiefen. Menschlichkeit, so Conidi, zeigt sich im Handeln und Tun. Dabei ist der Mensch das einzige Lebewesen auf diesem Planeten, dessen Streben schon immer von einer Vision und dem Wunsch nach Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit bestimmt war. Der Wunsch nach sozialer Gerechtigkeit und einem glücklichen Leben für alle durchzieht die Menschheitsgeschichte wie ein roter Faden. Allein in der zweiten Hälfte des 20sten Jahrhunderts stehen große Errungenschaften, wie die Überwindung des Apartheitsystems in Südafrika (1993) und die Überwindung der innerdeutschen Mauer (1989) neben so furchtbaren Entgleisungen wie den „killing fields“ in Kambodscha unter Pol Pot (1975-79), die blutigen Auseinandersetzungen zwischen Hutu und Tutsi in Ruanda (1994) oder das Massaker an wehrlosen Zivilisten in Szebreniza (1995), um nur einige Beispiele zu nennen. Die Frage, die bis heute nicht schlüssig beantwortet ist, lautet: „Warum gab und gibt es Krieg und Blutvergießen unter den Menschen, die sich doch im Grunde ihres Herzens nach einer friedlichen Welt sehnen?“ Und weiter: „Wie lässt sich das alles mit dem Prinzip der Vernunft vereinbaren, worauf die Spezies ‚homo sapiens’ doch so stolz ist?“

Der Mensch, so ist es zumindest in der Bibel nachzulesen, sollte die Krönung des göttlichen Schöpfungswerks sein. Aber anscheinend muss er sich erst dahingehend entwickeln. Angefangen vom homo habilis, dem geschickten Mensch, der Steine und Hölzer als Werkzeuge benutzt, über den homo erectus als Feuerbändiger und Großwildjäger hat er sich schließlich zum heutigen homo sapiens entwickelt, dem denkenden und vernunftbegabten Menschen. Es steht ihm jetzt, so Conidi, eine weitere Entwicklungsstufe bevor, nämlich die zum homo amans, einem Menschen mit hoher emotionaler Kompetenz und ausgeprägten Herzensqualitäten. Erst wenn das Herz und nicht bloße Vernunft und Kalkül im Zentrum des menschlichen Lebens stehen, wird es dem Menschen gelingen, eine friedliche Welt zu errichten.

Verschafft Sinnlichkeit Transzendenz, und damit dem Sinn einzigen Zugang

Ein Sandkorn glitzerte noch unter gleissender Sonne, bald schon dahin gerissen von der Brandung und im Spiel der Wogen tanzend einem Wirbel folgend sich verlor fernweg seiner Herkunft. Dann, ach gefangen, unerwünscht und doch festgehalten, wächst ein Unod dereinst kostbar glänzend gross, um befreit als Perle im Licht zu erstrahlen. Ein sinnlich fassbares Spiel freut den Menschen und greift gleich nach seiner Seel, sie einzuweihen, welcher Sinn dem Treiben haftet – der Vernunft bleibt meist viel verborgen.

Gott

Axiom 1:
Der Sinn jeglichen Lebens ist zu leben und zu überleben in Form von sich selber und seinen Nachkommen. Leben strebt Unendlichkeit an – und somit Gott.

Axiom 2:
Der Lebenszweck besteht darin, als empfindsames Wesen emotional am Leben teilzuhaben und damit die Partizipation Gottes am Erleben zu bewerkstelligen.

Gott ist perfekt – ausser, dass er nicht er-lebt.

Markus Tensao Bolli, 6.7.7

Für Alisia, oder wie sie heissen darf

Auf die Frage, was einen Menschen, – und wenn man den Befragten genauer kennt – was eine Frau zu einem schönen Wesen macht, antwortet er meist, ohne sich dem Begriff des Schönen auch nur annähernd zu widmen, in diesen Worten:
Eine Frau, die mir Wohlgefallen, den Wunsch nach Nähe und dann auch viel Lebensfreude verschafft, ist wie eine Blume. Sei es eine Rose, die Blüte eines Obstbaumes oder das leuchtende Farbenrund am Rhododendronbaum – oder nenn einfach die, die Dich am meisten lockt.
Was ich mit Liebe betrachte, was mich hält in ihrem Bann, die Form kann es sein, die Farben und deren Wandel, und auch der Duft, der viele Insekten lockt, weiss diese Blüte nach Aussen hin gewinnend zu gebrauchen. Doch weiss sie nicht, was sie mir damit gibt und deutet. Denn nicht der Schein, das Wesen ist’s, das mich an sie bindet. Damit sie meinen Sinnen fortlaufend Empfinden schenken kann, werd ich sie hüten und ihr sorgen, so dass ihr Sein beständig bleibt. Und könnte ich sie nur immer bei mir tragen, doch belass ich sie, wo sie gedeiht und sicher treibt bald junge Triebe. Von ihrem Wirt getrennt, wird sie welken, viel schneller als Dir lieb. Welken wird sie so wie so, um im nächsten Moment erneut zu blühn.
Meine Hand wird sie vorsichtig streicheln, sie hingegen wird Augen und der Nase schmeicheln. Ich gebe ihr wohl klingende Namen, ihr, die sie mich aufs Neue lockt. Und wenn Empfinden satt haben werden lassen, so leg ich mich neben sie hin und schau hoch zum Himmel. Entdecke, dass alles geht und wieder kommt, doch bleibt das Eigentliche bestehen. Was ich lieb, das mir gefällt, zeigt auf, dass ich leb und wie. Die Freude, die mir kommt und bleibt, auch wenn die Zeit vergeht. Das Schöne bleibt, weil die Gabe immerfort in mir lebt, durch die Sinne mir Genuss zu verschaffen. Mich anzuziehen schafft Antrieb und auch Bewegung, innezuhalten frische Kraft und bald Demut, denn was vergeht, wird dereinst auch mein Los. Darum freue ich mich und halt alles fest, was jetzt und fortan so viel Freude spendet. Das Glücksgefühl im Leib, im Geist wacht und harrt der starke Wert: Ich liebe, lebe und erlebe, was mich zum Menschen macht – durch das Schöne oder was schön mich deucht. Und eine Frau wird schön mir bleiben, weil sie bekommt, was bald ich gern in mir zurück erhalte.

homo amans, 20.1.6

Nederlands, onbekende bron

Er zullen veel mensen in en uit je leven wandelen. Maar alleen echte vrienden laten voetafdrukken achter in je hart.

Om jezelf te hanteren, gebruik je hoofd; om anderen te hanteren, gebruik je hart.

Als iemand je één keer betrapt, is het zijn fout. Als hij je twee keer betrapt, is het jouw fout.

Groot denkende mensen bediscussiëren ideeën, gemiddeld denkende mensen bediscussiëren gebeurtenissen, klein denkende mensen bediscussiëren personen.

Hij die geld verliest, verliest veel. Hij die een vriend verliest, verliest veel meer. Hij die het vertrouwen verliest, verliest alles.

Leer uit de fouten van een ander. Je leeft niet lang genoeg om ze allemaal zelf te maken.

Gisteren is geschiedenis. Morgen is een mysterie. Vandaag is een cadeau.
Gestern ist Vergangenheit. Morgen ein Geheimnis und Heute ein Geschenk.

Die Zeit geht nicht

Die Zeit geht nicht, sie stehet still,

wir ziehen durch sie hin;

Sie ist ein Karavanserai,

wir sind die Pilger drin.

Ein Etwas, form- und farbenlos,

das nur Gestalt gewinnt,

wo ihr drin auf und nieder taucht,

bis wieder ihr zerrinnt.

Es blitzt ein Tropfen Morgentau

im Strahl des Sonnenlichts;

Ein Tag kann eine Perle sein

und ein Jahrhundert nichts.

Es ist ein weißes Pergament

die Zeit und jeder schreibt

mit seinem roten Blut darauf,

bis ihn der Strom vertreibt.

An dich, du wunderbare Welt,

du Schönheit ohne End,

Auch ich schreib meinen Liebesbrief

auf dieses Pergament.

Froh bin ich, dass ich aufgeblüht

in deinem runden Kranz;

Zum Dank trüb ich die Quelle nicht

und lobe deinen Glanz.

Gottfried Keller

Für die Perlenprinzessin auf dem weissen Elefanten

aus: der Liebhaber von Toni Morrison

Die alte Sklavin Baby Suggs wird durch ihren leiblichen Sohn freigekauft. Sie entschliesst sich darauf hin, nicht anderes mehr zu behalten als ihr grosses klopfendes Herz in ihrer Brust. Beinahe jeden Samstag geht sie in den nahen Wald, gefolgt von einer Schar Frauen, Männern und Kindern – alles ehemalige Sklaven. Sie treffen sich auf einer Lichtung, wo alle von Baby nach einem kurzen Gebet dazu aufgerufen werden zu lachen zu tanzen und zu heulen.
Und die Hände gern zu haben, die so lange Schweres ausführen mussten. So auch das eigene Antlitz, das man in den Augen Anderer lächerlich wähnte, weil es nie Anerkennung und Wertschätzung entgegennehmen durfte. Die Hände sollten ihren Rücken streicheln, der so viel Geisel und Prügel erduldete. Ein unstreitbar scheinendes Recht, denn gerade er hat unsere Anerkennung und Liebe nötig – unser stolzer Rücken.
Baby Suggs macht so lange weiter, bis sie jeden Zentimeter des Körpers mit adäquater Streicheleinheit beglückt hat.

Diese sehr bewegende Passage ist einem traurigen, beklemmenden Buch entnommen, der doch Wunderbares herausschält: das Entdecken der Eigen- oder Selbstliebe. Und die Gruppe Sklaven erscheint, auf unsere Vorstellungsweise umgemünzt, uns doch sehr vertraut. Als Sklaven würden wir uns sicher nicht bezeichnen, doch eines bleibt uns sicher gemein: der Mangel an Selbstliebe. Schon Religionen in unserem Kulturkreis fordern deutlich: Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst!

Eigen- oder Selbstliebe ist ein – oder das – Basisbedürfnis eines jeden Menschen – eine existenzielle Bedingung, deren Ausbleiben uns verkümmern lässt. Ohne Eigenliebe ziehen wir uns den Boden unter den Füssen weg; wir entziehen uns gleichzeitig das Recht, dazusein.

Diese Sklavenmutter macht uns aber auch anderes deutlich. Nicht die rührige Beschäftigung mit uns selbst, der meist ein Austausch mit anderen Menschen abgeht und die uns gern in unergründliche Tiefen verlieren lässt, verschafft uns Daseinsberechtigung. Nein, ein Zelebrieren in der Gemeinschaft ist angezeigt. Es scheint ein Ritual, und Baby Suggs lebt uns vor, wieder uns selbst zu lieben und damit einem menschenfremden Zirkel der Unterordnung abzusagen.
Der Ausgangspunkt aller Kraft ist Eigenliebe; wir sind unser ureigenster Energiebrunnen und doch kein Perpetuum mobile: Je mehr Aufmerksamkeit wir unseren Bedürfnissen schenken und dieselben mit Liebe anerkennen, umso mehr erleben, entdecken wir diesen eigentlichen Urquell in uns, und auch, was ihn dauerhaft nährt.
Menschen unter Menschen: Uns lieben heisst auch lieben, was und wie wir sind. Gerade durch dieses erwachende vorbehaltlose Empfinden ermöglichen wir uns das, was uns zum wahren Menschen macht – zum liebenden Menschen (Homo amans – und uns definitiv von den Tieren unterscheidet). Uns selbst zu lieben, setzt in uns Kraft in mannigfaltiger Ausrichtung frei. Andere zu lieben, setzt Kräfte fürs Erwirken und Erreichen weit bedeutender, gemeinsamer Absichten frei.
Löst ein kaltes, nacktes Verlangen meist kaum mehr als ein Swappen aus, vermittelt die richtige Portion Liebe Treibstoff unerahnten Ausmasses. Das Ausmass wird meist erst viel später fassbar, wenn sich uns neue Türen öffnen, steinig vermutete Wege sich hindernisfrei überwinden lassen und uns gar sehnlich herbei gehoffte Chancen in den Garten des eigenen Schaffens fallen!

aé, 13.12.5

Alles so lassen wie es ist – weil es gut so ist, wie es ist

Wer keinen Antrieb verspürt, etwas zu verändern, wird auch keine Verbesserung erfahren. Nicht alles, was neu oder anders ist, ist auch besser. Zum Besseren wird es erst, wenn uns mit dem Wesen der ganzen Sache auseinander setzen: mit Ursachen, mit Bedingungen und Wirkungen, mit Folgen und deren förderlicher als auch schädigender Art, mit Risiken, mit Chancen, deren Wahrscheinlichkeit des Eintretens und mit dem, was sonst noch hätte getan werden können, sowie warum es nicht getan wurde – eben dieser Handlung den Vorzug gegeben wurde.
Nicht jede Veränderung bringt Besseres hervor, möglicher Schaden und Leid kann umfassender sein, als wenn die Dinge belassen worden sind, wie sie letztlich waren. Nur die Zeit bleibt nicht stehen, das Wesen der Zeit ist, dass sie kaum wiederholt; meist finden sich neue Eigenschaften oder Aspekte, die ursprünglich weder subjektiv sinnlich noch ganzheitlich empirisch fassen konnten. Wenn wir dieser Veränderung, was sie faktisch wird und ist, mit einer Haltung gegenüber treten, mit vertrauten Techniken und bewährten Methoden Aufgabenstellung zu bewältigen, kann das aus sich heraus bald auch Unannehmlichkeiten nach sich ziehen. Weil Veränderungen, bzw. veränderte Haltung mit entsprechend angepassten Ansätzen Verunsicherung oder gar Bedrohung mit sich bringt, dann stehen wir vielleicht unserem eigenen Fortkommen im Wege, weil die Veränderung uns insofern überfordert hat, Stellung zu nehmen und die Haltung nachzuführen. Nicht weil wir damit möglicherweise moralische oder sittliche Aspekte unterlaufen könnten und gefestigte Dogmen hinterfragen, sondern weil wir an unseren Grundfesten rütteln.
Fest wie ein Fels in der Brandung, unverrückbar in Position und Wesen, wird er untergehen, wenn der Grund unter ihm weicht, das Wasser steigt oder es an ihm nagt. Wer nun – aus welchen Gründen auch immer – der Veränderung, dem eigenen Anpassen entsagt, weil es sich der Auseinandersetzung versagt, wird irgendwann versagen, weil die routinierten Instrumente fürs Leben verebben …

Das Verlangen nach Sicherheit währt eigentlich nur an der Oberfläche unseres Daseins – und vermittelt uns trügerischen Schein.

Handeln und Antrieb

Wenn wir etwas tun, und was wir tun, das tun wir mit Liebe. Um etwas zu erhalten, wovon wir träumen, und um etwas zu erreichen, was dem Leben – ob dem unseren oder demselben einer grösseren Gemeinschaft – mehr Gehalt sowie zusätzlichen Sinn vermittelt.
Und wenn wir etwas nicht tun, dann lassen wir es aus Liebe sein. Nicht aus Pflichtbe-wusstsein oder einem anderen unseligen Antrieb dann doch; oder gerade aus un-deutlich empfundener Ablehnung dann eben nicht.
Vermeidungsgefühle bleiben in beiden Fällen ungutes Motiv, weil sie den Blick auf unsere echten Bedürfnisse verwehren.
Doch was wirklich Menschen anzugehen schwer fällt, ist herauszufinden, was sie eigentlich aus der inneren Mitte heraus wollen. Meistens liegt uns näher, was wir nicht wollen, wenn auch von vielleicht unbestimmter Motivation ausgehend. Doch in Klarheit zu erkennen, was wir wirklich wollen, sicher und mit Überzeugung, vom Empfinden eigener Übervorteilung oder ungebührlichen Ressourcenverschleisses unbeeinträchtigt …