Bekenntnis und Befreiung

Liebe Lucia
Mit dieser Anrede verbinde ich die Hoffnung, dass Du diese Zeilen – und es werden derer viele sein – lesen wirst. Weitere Erwartungen hege ich nicht.
Warum dann? Seit vielen bist Du in mir präsent, nicht bloss als verblasende Erinnerung an frühere, gemeinsam verbrachte Zeiten. Zu jeder Tageszeit tanzen Gedanken und auch unerklärliche Empfindungen in  mir herum, deren Anlass ich nicht kenne. Doch bündeln sie meine Aufmerksamkeit und lenken sie mit diesen offenen Worten zu Dir. Ich will Dich nun daran teilhaben lassen, wie ich mich mit denselben auseinandersetze.

In den unzähligen Monaten, während wir uns nicht sahen, entwickelten sich viele Lebensschritte und verdichteten sich Inhalte in meinem Dasein, deren Ursprung teilweise auch in unseren Begegnungen liegen. Einen  wesentlichen Teil davon verarbeite ich im Buch, dass den Titel ‚homo amans‘ – der liebende Mensch trägt. Und in dieser Kunst, nein einer eigentümlichen Haltung erfahre ich mich auch – ich liebe über alles: alle mir nahestehenden Menschen, mein Dasein, die lehrreichen Erfahrungen, auch sind sie nicht immer erbaulich. Ich liebe die Inhalte meines Schaffens, und vor allem diejenigen, für die und mit denen ich wirke.

Ich liebe eigentlich alles, dessen Gegenwart ich als sinngebend verstehe und als Bestandteil meiner Lebenserfahrung anerkenne. Was bedeutet mir die Liebe? Lieben heisst unter vielen weiteren Inhalten die Dinge so annehmen, wie sie sind. Sie in Wesen und Wirken schätzen und anerkennen. Was ich liebe, ist gut, schön und damit dem eigenen Leben wertvoll. Und in seiner Ganzheit ist es gut und schön, weil ich es mit Liebe betrachte. Damit habe ich Dir, Lucia die Liebe, die meine noch nicht erklärt! Es kommen Gefühle und eigenartig vertraute Empfindungen hinzu, die mich – noch ohne Sprache oder Bilder ohne Worte – den Objekten zuwenden und zuneigen lassen. Irgendwie scheint da in mir etwas mehr von den Dingen um und in mir zu wissen?! Ich suche deren Nähe, fühle mich wohl, auch wenn mir der Ursprung noch verborgen scheint. Ich finde Energie und auch Willenskraft, schöpfe Zuversicht und Vertrauen, aus dem selben Brunnen, die mir der Verstand nicht zu erschliessen vermag. Alles in allem beflügelt das geliebte Ding das ganze Dasein. Es macht es noch kostbarer und sinnvoller. Je nach Wichtigkeit und Richtigkeit zielt die Liebe auf ein Wesen in der Wahrnehmung, die ich mit den zentralen Inhalten und Symbolen des individuellen Bestehens verbinde.

In etwas zehn Jahre zurück, habe ich einen Menschen kennen gelernt, der mir noch heute so viel bedeutet, dass er mir nicht aus dem Sinn, genauer aus dem Herz geht. Ja Lucia, es waren sicherlich Zeiten, lange zugleich, wo Erinnerungen schwanden. Und waren sie von Begebenheiten im Jetzt überlagert, so blieb stets eine Empfindung leise wach und bestehen, deren Berechtigung ich heute besser zu verstehen glaube.

An einem Dezemberwochenende habe ich zum zweiten Mal „como agua para chocolate“ gesehen. Wie beim ersten Mal war ich hingerissen, allein drängte sich ein weiteres, längst verloren geglaubtes Gefühl hinzu – bald zur Erkenntnis werdend.
Im April dieses Jahres, rund zwei Monate nach ihrem Konzertauftritt, hörte ich ein Lied der Kolumbianerin Marta Gomez: todas las palabras. Viele Monate vergingen, keine noch so gute Übersetzung half, bis ich verstand. Nun, seit einigen Tagen scheine ich wirklich verstanden zu haben – mich selbst!

Ich liebe Dich! Ich liebe Lucia, die ich vor vielen Jahren, und doch erst kürzlich kennen gelernt habe. Und hielt ich diese Liebe für unmöglich, sie blieb. Und versuchte ich sie mit anderen Liebseligkeiten zu ersetzen, wie unauslöschlich stand sie da. Und mit und in diesen Worten bekommt sie endlich Raum und Gestalt.
Wenn ich Dir, geliebte Lucia morgen begegnen würde, wüsst ich noch nicht, welchen Ausdruck sie finden würde. Dass Du lebst – nicht in einer Erinnerung, Du bist im Hier und Jetzt wach. In einer unvergänglichen Schönheit, die nicht an die Erscheinung an der Oberfläche gebunden ist. Wenn ich, ohne Trauer oder Schmerz – zurückschaue, so stelle ich fest, dem Wort ‚Projektion‘ viel Aufrichtigkeit geopfert zu haben. Diese Auseinandersetzung kreiste jeweils nur um den Begriff und verdunkelte die Situation: so fand ich selten Zugang dorthin, wo ich heute Klarheit finde und mich in ihr auferstehend erlebe.

So befreiend, so erquickend, wenn man seine Gefühle versteht, anerkennt und sie unmissverständlich nach aussen trägt. Welche Wonne, welche Freude liegt im aufrecht ehrlichen Ausdruck. Sergio Bambaren verdeutlichte es so: Wichtig ist der Mensch nicht, weil er geliebt wird. Wichtig ist er, weil er liebt – das Andere um sich herum, deren Bedeutung … . Paulo Coelho präzisierte in der Hexe Portobellos: es zähle nicht, ob du vom Anderen geliebt werdest, sondern ob du fähig seist, dem Anderen zu geben, was er brauche.

Liebe Lucia, auch wüsste ich nicht, ob Du es annähmest, so gebe ich von ganzem Herzen die Anerkennung, die Verlässlichkeit und das Vertrauen, welche Dir im Leben so mannigfaltig entzogen wurden. Auch verglimmen letztlich alle Erinnerungen, die damit verbundenen Emotionen gehen einher. Während Eintes verheilt, bleibt Anderes als Wunde zurück, die unverarbeitete Gefühle in Narben zurückbehalten. Übrig bleibt die Essenz, ein grossartiges, wertvolles Wesen; eine Seele, die sinnsuchend wahrnimmt und ebenso sinngebend wahrgenommen wird.

Das alles ist keine Projektion – das unverfälschte, im Moment ins Bewusstsein aufgearbeitete Gefühle, einst gehegt, noch spontan und darum von der Ratio unbeeinträchtigt, Dir an- und zugetragen. Wie sind sie, wie echt und wirklich? Mir sind sie im Augenblick so wahr und wahrhaftig, klar und eindeutig ebenso. Streben keine Verherrlichung an, suchen einfach den Weg zu Dir. Ohne etwas an oder in Dir abbilden zu wollen. Und es bereitet mir Glück und schier unbeschreibliche Freude. Doch zeitigt die Liebe auch den Unbill in dieser Form des Ausdruckes. Im Brief, den ich schreibe, und in dem ich mich auf mich beziehe, fehlt vor allem eines – das Du.

Lucia, schon wieder ich, ich verlange danach zu erfahren, wie es Dir wirklich geht, wonach Du trachtest. Wie liebst Du, was liebst Du und wofür lebst Du? Weder fremd, noch „lejos di te“ möchte ich so gerne anteilnehmen, Dir geben, was Du brauchst. Dir Fülle und Erfüllung vermitteln, Dir Liebe so schenken, dass Du trunken im einzig echten Rausch in ein Leben findest, dass Dir, nur Dir richtig und wichtig ist, Selbstsucht kommt allenthalben, verschwindet schnell, wenn sich höhere Gunst zeiget. Weshalb kreuzen sich unsere Wege, und warum laufen sie neben einander? Welcher Sinn, welch tiefere Bedeutung eröffnet sich uns?

Nur nicht das Fühlen und Erleben vergessen, gewahr werden, was sinnlich oder auf anderem Weg sich uns offenbart. Lieben heisst ernst, für wahr nehmen, achten und schätzen, innig umarmen, ohne dort festzuhalten, wo es einem gefällt – ersticken würd es unweigerlich und damit zerrinnen, wie warmer Sand in geballter Hand. Denn alles, auch Geliebtes strebt – wohin? Eine Frage – von unermesslichem Tiefgang – für den Moment, wo Liebe sich an den Kern unseres Lebens wagt, ihn sorgsam berührt, uns über alles dorthin führt, worin unser Dasein gründet.

Nein doch, lass uns leben und lieben, von derartigen Fragen unbeschwert. Achtsam, aufmerksam, offen, vertrauend, voll Zuversicht; und alle Antworten finden ganz leicht zu uns heim. Sie sind da, immer schon, mit dem Dasein unentzweibar verbunden. Marta Gomez, todas las palabras, lasst euch umarmen. Liebe, nicht um ihrer selbst willen, versteht, – ich habe verstanden – Lucia Andrea, weshalb ich Dich liebe, was ich an Dir liebe. So lange verloren geglaubt, immer hier, nie weg, und doch zurück. Auch zurück zu Dir, zu Deinem Innersten. Endlich angekommen, im Frieden und von wundervollen Gefühlen erfüllt. Ach könnt ich Dich nur auch beschenken, nicht zurückgeben, was Du mir bereits gegeben hast, sondern Dir all das bescheren, das Deinem Leben ein anhaltendes, reiches Fest werde, wahr gewordene Träume und endlich erfüllte Wünsche feiernd!

* * * mikol ha’ahavot * * *

Dich liebe ich jetzt, so und darum – und die Offenbarung freie die Gefühle Dir und mir! homo amans, 24.12.2009

Die Griechen mögen nun darum streiten, was nun überhandnahm, ob sie alle vorhanden und im Gewicht eben: Agape, Philia, oder und. Eros darum zum Schluss: mit diesen Worten stehe ich ganz nackt vor Dir, entblösst in wahrer Ehre. In meiner Körpermitte ist meine Erregung Dir aufrecht sichtbar zugewandt – mithin auch das Verlangen, das an diesem Punkt vorerst endet, sich vollendend.

Denn mein Bekennen hat auch Dich entkleidet, und so stehst Du vor mir, geschält auf das, was Fassaden- und Rollenspiel meist zu verbergen wissen – ein Bild im Aussen, das der Ausgestellten keine Korrekturen und Ergänzungen mehr zugesteht, um verletzliche Blösse unantastbar zu wähnen. Selbst ein grosses Mass Verantwortung bleibt an Dir haften: mir obliegt allein, Dir all mein Innerstes anzutragen, während Du nun darüber befinden musst. Der Mann begehrt (lediglich) zu nehmen, lässt vielleicht die Überzeugung wachsen, angedeutet in Zeichen seiner Kraft. Es ist der Natur der Frau zugewiesen, entweder abzuweisen oder ihr Zutrauen weiter nähren zu lassen. Denn sich hinzugeben, sich ihm zu geben, hier entscheidet nicht des Körpers Schoss. Es sind weit mehr als die Bedürfnisse, die leiblichen Ursprungs sind.

In ihrer Ganzheit unverhüllt trachten beide danach, darum zusammen zu finden, um geeintes Wesensgut zu bestätigen. Damit die unsere Natur, die Deine so die meine, grüne und gedeihe, in Ewigkeit fortbestehe. Den stärksten Glauben vollziehend, den Glauben an Dich, an Mich, an uns, an alles was ist und in alles, wozu wir beizutragen fähig sind. Im Sein und Wirken der Liebe liegt ein Grund unseres Bestehens, und im guten Schaffen sollen mehren und weiterfinden dieselbe. Eine höhere Gunst wird uns den Vorzug gewähren und selbst darin weiterkommen. Bald in Wahrhaftigkeit und Wirklichkeit eingegangen, um dann als Humus, dereinst sogar versteinert, sich in Neuem aufzu- und in in die Ewigkeit einzugehen.

Nun, liebe Lucia, alles begann mit Gedanken, mit einem Gedanken, vorab einer Empfindung, sei es vor vielen Jahren oder vor kurzem erst. Zur wahren Grösse hat es gefunden, hier auf diesem Papier. Weder Fehlen noch Schaden lässt sich zuschulden, auch die Frage, was Anlass gab, bleibt müssig, unberührt. Nur eines zählt, dass es ist, dass Du bist, dass es mit Dir, in Dir, für Dich und um Dich ist. Ist das Deine Seele, die die meine getroffen hat, sich beiden zu erkennen gab. Mit dem Wunsch uns beiden angetragen, sie zu entdecken und dadurch echt zu werden.

Nichts anderes, es ist der Glaube, der uns treibt. Der Glaube an die Liebe und an das, wohin sie zielt. So auch der Glaube an Dich, an mich und unser Weiterkommen ebenso. Dafür und darum liebe ich Dich, Dich und das was daraus entstehen will und kann. Dich zu küssen wünscht ich sehr, zuerst Deine Füsse, weil Du damit in dieser unseren Welt stehst. Hier, wo immer ich Dich sehen, hören, riechen und spüren kann – so berührst Du meine Welt und mein Leben. Und küssen wollt ich Dich weiter, wo immer es Dir beliebt, als Zeichen meiner Verbundenheit, auch Dich berühren, in Verbindung kommen mit Deinem ganzen Sein. In Deine Welt, in das Leben fliessen, einfinden und meine eigene Welt Dir öffnen …

http://www.youtube.com/watch?v=xh-6ae3q4Ss&feature=PlayList&p=147A22F206718B9A&index=4

http://www.youtube.com/watch?v=1KjpyHX7X-o&feature=PlayList&p=147A22F206718B9A&index=2

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